Tradition und Innovation

Ein Unternehmen schreibt Geschichte

Die Geschichte der Steinheimer Firma Sigrist, die nun in vierter Generation einer guten Zukunft entgegensieht, sie ist nicht nur die Geschichte eines traditionsreichen schwäbischen Unternehmens, sie ist auch ein Mosaikstein in der Lokalgeschichte einer kleinen Landgemeinde im Murr- und Bottwartal und sie ist sogar eine kleine Momentaufnahme aus der unendlichen Geschichte der Menschheit, denn schließlich wurde hier in den Sigrist'schen Sand- und Kiesgruben 1933 der Schädel des homo steinheimensis, eines Urmenschen gefunden.

Eine wechselvolle und erfolgreiche Geschichte. 1905 gründet Karl Georg Sigrist sein Unternehmen. Wachsende Mobilität und Motorisierung, welche auch im Murr- und Bottwartal um diese Zeit Einzug halten, verlangen nach befestigten und fahrbaren Straßen. Für den jungen Unternehmer, der sich stolz Kiesgrubenbesitzer nennt, eine einmalige Chance, mit den Produkten Sand und Kies wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Darüber hinaus dürfte der Bau der Bottwartalbahn von Marbach nach Heilbronn im Jahre 1899, der die vorwiegend bäuerlich orientierte Region des Bottwartales nun an die große weite Welt anschließt, Sigrists Entschluss zur Firmengründung beeinflusst haben; ist doch mit der Eisenbahn ein wesentliches Transportmittel für seine Produkte gegeben.

In den zwanziger Jahren nimmt das Unternehmen einen ersten Aufschwung. Rationalisierung durch Mechanisierung: Ein Eimerkettenbagger wird erstanden und das erste Kieswerk wird an der Höpfigheimer Straße errichtet. Hier kommt es auch zu den Aufsehen erregenden Funden, die die Geschichte der Menschheit wesentlich beeinflussen. Nach Knochenfunden von urzeitlichen Großtieren aus der erdgeschichtlichen Zeit des Pleistozän, hauptsächlich von Wald- und Steppenelefanten, Urs, Bisons, Hirschen und Wasserbüffeln birgt Karl Sigrist am 25. Juli 1933 den Schädel des weltweit bekannten homo steinheimensis. Seiner Umsicht und Behutsamkeit ist es zu danken, dass die Geschichte der Menschheit durch diesen Fund um ein bedeutendes Kapitel erweitert werden konnte. Der bedeutsame Fund des Steinheim-Menschen, dieser "first lady" der Weltgeschichte, trägt den Namen des schwäbischen Unternehmens aus Steinheim hinaus in die internationale Welt der Wissenschaft.

In den Kriegsjahren geht die Firma 1942 an Karl Sigrist als Kiesgrubenbesitzer über. Doch die Wirren des zweiten Weltkrieges, sie müssen auch von dem Steinheimer Unternehmen getragen werden. Während Karl Sigrist als Soldat an die Ostfront eingezogen wird führt der mittlerweile hochbetagte Firmengründer Karl Georg Sigrist das Unternehmen. Karl Sigrist nutzt die Nachkriegszeit und die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu einem enormen Ausbau der Firma. Wiederaufbau und Wirtschaftswunder benötigten Baumaterialien, Sand und Kies. Die Firma Sigrist erwirbt neue Abbauflächen in Steinheim und Murr und mechanisiert die Gewinnung und den Transport wesentlich. Walter Sigrist, 1951 in die Firma eingetreten, kümmert sich um die technische Ausstattung und den Maschinenpark. Neben diversen Lastkraftwagen wird vor allem die knochenharte Arbeit des Sand- und Kiesabbaus durch den Einsatz leistungsfähiger Bagger und Abräumgeräte erleichtert. Mit seinem Maschinenpark und mit dem Bau eines neuen Sand- und Kieswerks an der Markungsgrenze zwischen Steinheim und Murr gehört die Firma Sigrist Mitte der fünfziger Jahre zu den fortschrittlichsten und modernsten ihrer Art im weiten Umkreis.

Doch die Geschichte des Erfolges wird weiter geschrieben: Eine Stärkung der Marktpräsenz und gleichzeitig die Erweiterung des Geschäftsfeldes ist zu Anfang der sechziger Jahre der Umschlag von Rheinkies und Rheinsand. Eine Erweiterung der Firma ist dringend geboten und so wird in der Boschstraße ein großzügiges Gebäude mit Werkstätten und Garagen, mit Büros und Sozialräumen für die steigende Zahl der Mitarbeiter errichtet. In dieser Zeit des wirtschaftlichen Erfolges und Aufstieges stirbt Karl Sigrist 1972 nach einem entbehrungsreichen und arbeitsreichen Leben. Nach seinem Tod ruht nun die Last der Verantwortung auf Walter Sigrist, der mit Umsicht und Energie das Werk seiner Vorfahren fortsetzt. Es werden weitere Grundstücke in Steinheim und Murr erworben. Mit Optimismus blickt das Unternehmen in die Zukunft. Man ist sich dabei ständig bewusst, dass die natürlichen Reichtümer der Erde beschränkt sind und dass das Ökosystem weltweit gefährdet ist. Die Schonung von Wasser, Luft und Boden wird ernst genommen und in Einklang gebracht mit Ökonomie, Flexibilität und einem stetigen qualitativen Leistungsausbau zugunsten der Kunden. So verbinden sich in den Sand- und Kieswerken Walter Sigrist Tradition und Innovation. Auf dem Gelände in Murr und Steinheim entsteht ein Baggersee, der im Laufe der Zeit wieder aufgefüllt wird. 1984 wird das ursprüngliche Abbaugelände an der Höpfigheimer Straße im Gewann Schrai Ost für den Wohnbau erschlossen. Hier, im Fundgebiet des homo steinheimensis, errichtet die Stadt Steinheim eine Erinnerungstafel an diesen herausragenden Fund und an seinen Finder Karl Sigrist.

Mit der Planung und dem Bau einer Umgehungsstraße für Murr und Steinheim ist dann 1989 ein Sand- und Kiesabbau nur noch in begrenztem Umfange möglich. 1996 wird das Kies- und Sandwerk abgebrochen und der Abbau von Kies und Sand eingestellt. Ein Stück Steinheimer Wirtschaftsgeschichte, der Sand- und Kiesabbau am Unterlauf der Murr geht damit unweigerlich zu Ende. Nicht jedoch die Geschichte der Firma Sigrist. 1989 tritt die mittlerweile vierte Sigrist-Generation in die Firma ein. Mit neuen, kreativen Ideen versteht es Jürgen Sigrist, der Firmengeschichte neue, wertvolle Impulse zu geben. Auf dem verfüllten Gelände der ehemaligen Kies- und Sandgruben entsteht ein Abstellplatz für Wohnwagen in der Größe von 3,5 Hektar. Er bietet circa 800 Wohnwagen Platz. Mit dem Bau eines modernen Bürogebäudes mit angeschlossenen Werkstatthallen bietet das Unternehmen nun ein weitgefächertes Angebot von Serviceleistungen um alle Formen dieser Art des mobilen Tourismus und somit ein qualitatives "Mehr" als lediglich den Abstellplatz für das "rollende Heim". Die Firma Sigrist ist so auch in der vierten Generation weiterhin mit der Wirtschaftsgeschichte der Stadt Steinheim und ihrer Region verbunden.

 

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